1TRUCKS-Reportage: 2-Wege-Unimog bei Hengl
Unimog ist zweigleisig unterwegs
Im Fall des 2-Wege Unimog bei Hengl ist diese Schlagzeile nicht zuletzt aufgrund seines 75-jährigen Jubiläums mit Augenzwinkern zu lesen. Wir begeben uns auf große Fahrt mit dem außergewöhnlichen Jubilar.
Der Steinbruch des Familienunternehmens Hengl ist bei der Anfahrt von Süden auf der niederösterreichischen Bundesstraße 4 Richtung Maissau bereits weithin sichtbar. Auffallend ist hier aber nicht nur die Ausdehnung des Abbaugeländes, sondern auch das großteils zweigleisig ausgebaute Anschlussgleis an die Franz-Josefs-Bahn.
Dies ist aber nicht die einzige Verbindung der Hengls zur kaiserlichen Bahnstrecke zwischen Wien und Prag. Dipl.-Ing. Raimund Hengl, Vater des heutigen Geschäftsführers Ing. Max Hengl war bereits maßgeblich beim Bau der Trasse beschäftigt. 1912 beteiligt er sich gemeinsam mit seiner Frau Ottilie an der Janda Sand- und Kunststeinerzeugung in Limberg und betreibt ab 1918 einen Steinbruch und ein Schotterwerk für den Ausbau der Franz-Josefs-Bahn. Die Nähe zur Bahn ist den Hengls bis heute geblieben.
Technisch anspruchsvoll
Bahnschotter ist in der Gewinnung und Aufbereitung anspruchsvoll und kann nur aus dem widerstandsfähigsten Rohgestein erzeugt werden. Penibelst gewaschen wird er grobe Schotter direkt hier im Steinbruch in die auf dem eigenen Anschlussgleis parat stehenden Spezialwaggons der österreichischen Bundesbahnen verladen. Über die knapp 400 Meter entfernt verlaufende Franz-Josefs-Bahn gelangt der Limberger Bahnschotter zu den schienengebundenen Infrastrukturprojekten in Österreich. Die Rangierarbeit übernimmt schon seit mehr als 20 Jahren ein Mercedes-Benz Unimog in 2-Wege-Ausführung. Im Vergleich zu den bald 110 Jahren Unternehmensgeschichte von Hengl ist der Unimog mit seinem 75. Geburtstag ein echter Jungspund. Rechtzeitig zum Jubiläum des legendären Universalmotorgerätes hat die Hengl Mineral GmbH einen brandneuen Unimog U423 als Rangierfahrzeug in Betrieb genommen.
Vollausstattung - beim 2-Wege-Unimog
Bereits auf das 1965 datiert der erste 2-Wege Unimog. Die Erfahrung bei Mercedes-Benz und in diesem Fall der Zagro Group, die ihn zum Zweiwegefahrzeug aufgebaut hat, ist in jedem Detail zu spüren. Nur um eine Vorstellung zu bekommen wieviel Technik in diesen Fahrzeugen steckt: Die offizielle Ausstattungsliste umfasst acht Seiten.
Die Anforderungen für den Unimog im Steinbruch mit oftmals feuchter Umgebung sind durchwegs herausfordernd. Eine Fülle an technischen Hilfsmitteln unterstützt Fahrer und Gerät bei der Arbeit.
Traktion auf allen Wegen
Auf dem Weg zum Einsatzort spielt der Unimog bereits seine Vorteile aus. Dank 5,1 Liter großem Euro VI D Diesel mit 231 PS und 900 Nm Drehmoment sowie Differentialsperren an Vorder- und Hinterachse erreicht er bei allen Witterungsbedingungen den nächsten Aufgleisungspunkt. Die exakte Positionierung des Unimog über den Gleisen überwacht der Fahrer bequem auf dem Display in der Kabine, das zwei Kamerabilder jeweils eines Schienenrades pro Achse zeigt.
Gerade wenn es um die Traktion der vier Antriebsräder geht, sorgt das hohe Eigengewicht von bis zu 13,8 Tonnen für ausgezeichnete Reibwerte zwischen Gummibereifung und Gleiskörper. Zusätzlich verfügt der Hengl Unimog auch noch über eine eigene Gleistrocknungsanlage, die während der Fahrt unmittelbar vor den Rädern zum Einsatz kommt.
Rangiermodus
Ist der Unimog aufgegleist und damit zum Rangierfahrzeug mutiert, geht die Arbeit erst richtig los. Das Ankoppeln der Waggons funktioniert dank einer weiteren Kamera mühelos. Nach einem kurzen Kontrollgang um das lange Gespann, geht es auch schon los. Der leise laufende Schraubenkompressor wird über den Motor-Nebenabtrieb angesteuert, fördert bis zu 1.750 Liter/min und versorgt fünf Luftbehälter sowie ein Betriebsvolumen von 4.250 Litern. Genug also, um die Bremsen an 52 Achsen zu lösen.
Mit maximal 20 km/h bahnt sich der Zugverband seinen Weg durch das sanft geschwungene Hengl-Tal. Auf einem großen Tablet werden dem Fahrer auch noch alle relevanten Daten der Förderanlage angezeigt. Weitere Kameras erlauben hier bei Hengl die exakte Positionierung der einzelnen Waggons für präzise und effiziente Beladung auch im Einmann-Betrieb. Keine 15 Minuten später sind alle Waggons beladen und bereit zum Transport. Der Unimog wechselt vom Zug-in den Schubmodus und folgt den Schienen Richtung Franz-Josefs-Bahn.
Bleibender Eindruck
Sobald die beladenen Waggons zur Abholung bereitgestellt sind, verlässt der Unimog die Schienen wieder und kann mit bis zu 90 km/h zum nächsten Einsatz fahren. Das Fahrgefühl auf der Straße ist mit dem Schwergewicht übrigens recht gewöhnungsbedürftig. Nicht zuletzt aufgrund seiner geringen Spur. Spuren hinterlässt der 2-Wege Unimog jedenfalls.
Das Video zum Einsatz des Unimog U423 sehen Sie auch auf www.1truck.tv