Einer von 400: Wolfgang Gabl auf Tour mit seinem Actros Edition 2
Von Grabkerzen und Bonsaibäumchen
Mit seinem Mercedes-Benz Actros Edition 2 transportiert Wolfgang Gabl die Aluminiumprofile eines Tiroler Unternehmens ins Ausland – am Rückweg lädt er bisweilen kuriose Fracht.
Ihr Körper ist nur in Roben gehüllt, der Blick klar nach vorn gerichtet. Mit der rechten Hand reckt sie eine Fackel hoch, links hält sie eine Inschriftentafel mit dem Datum der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung: 4. Juli 1776. Während die echte Freiheitsstatue auf Liberty Island im New Yorker Hafen aber eher blass daherkommt, trägt die kleinere Kopie im Garten eines Innsbrucker Restaurants sogar Lippenstift. Ihre Fingernägel sind rot lackiert, die siebenstrahlige Krone ist vergoldet. „Da werden sich wohl viele gedacht haben, jetzt dreht er komplett durch, der Gabl.“
Wolfgang lächelt. Nicht weil die Austro-Version viel charmanter wirkt als das Original. Vielmehr, weil die Statue mit ihren sieben Metern Höhe vor Jahren monatelang am Gelände seines Unternehmens in Roppen im Bezirk Imst in Tirol gestanden ist. „Wir haben sie mit dem Lkw aus den Niederlanden nach Österreich transportiert“, sagt er in breitem Tirolerisch. „Da es aber zwischen Lieferanten und Abnehmer irgendein Problem gab, mussten wir die Statue zwischenlagern.“ Und welcher Ort hätte sich dafür besser geeignet, als das Gelände seines Firmensitzes im Gewerbegebiet von Roppen? „Da werden sich wohl viele gedacht haben, jetzt dreht er komplett durch, der Gabl.“
Ob er öfter Freiheitsstatuen transportiert, wollen wir von dem Unternehmer wissen. Der 57-Jährige grinst nun über das ganze Gesicht. „Das war bislang unsere einzige Erfahrung in diesem Geschäft“, sagt er. Viel vertrauter ist ihm der Transport von Aluminiumprofilen in den unterschiedlichsten Dimensionen und Längen. Seit Jahren arbeitet Wolfgang eng mit einem Betrieb in Telfs zusammen. Mit seinen vier Sattelzügen erledigt er praktisch alle Export- und Transportaufgaben des Aluminium-, Automotive Komponenten-, Maschinen- und Anlagenproduzenten.
Einen seiner Trucks hat er sogar dauerhaft an den Kunden vermietet. „Wir sind vor allem in Deutschland und in den Beneluxländern unterwegs“, sagt der fahrende Firmenchef. „Es kommt nicht so oft vor, dass ein Unternehmer selbst hinter dem Steuer Platz nimmt. Aber ich würde es nicht aushalten, ständig nur im Büro zu sitzen. Ich bin gern unterwegs. Da komme ich rum, ich habe Zeit für mich und meine Gedanken.“
Jeden Kilometer nutzen
Längst sind auch seine beiden Söhne Florian und Martin als Fahrer im Familienbetrieb, Frau Marlies kümmert sich zu Hause um alles Administrative. Dazu gehört auch die Akquise zusätzlicher Aufträge für die Rückfahrten. „Wir versuchen, möglichst wenig leer zu fahren“, sagt Wolfgang, „wollen jeden Kilometer nutzen.“
Wählerisch ist er bei der Wahl seiner Fracht nicht. Grabkerzen und Bonsaibäumchen kommen ihm genauso auf die Ladefläche wie Äpfel, Oldtimer, Maschinen, Baufahrzeuge, Traktoren, Möbel, Blumen, Großzelte, Zink und bei Bedarf sogar Freiheitsstatuen. „Es gibt nicht viel, was wir in den vergangenen Jahren nicht schon transportiert hätten.“
Spannender Neuzugang
Nach Jahren als Chauffeur bei anderen Unternehmen hat sich Wolfgang im Jahr 1999 mit einem eigenen Lkw selbstständig gemacht. 2008 holt er dann seinen ersten Truck von Mercedes-Benz ins Unternehmen. „Mercedes war mit seinen Fahrzeugen den anderen Herstellern mit Abstandstempomat und Spurwechsel-Assistent technisch weit voraus.“ Seitdem ist er der Marke treu geblieben.
Den „puren Luxus“ erlebt er seit Kurzem: Neu in der Flotte ist ein Actros 1963 Edition 2. Das auf 400 Stück limitierte Sondermodell kommt mit schwarzem Lederlenkrad, Ledertürgriffen, Nappaleder-Armaturenbrett und Dachluke mit Ambientebeleuchtung daher. Äußerlich fallen vor allem die mondsteingraue Fahrzeugfront, der Scheinwerferkranz samt abgedunkelter Blende, die vielen Edelstahlzierleisten und der „Edition 2“-Schriftzug auf der Sonnenblende auf.
150.000 Kilometer im Jahr
„Ich bin im Jahr rund 150.000 Kilometer in meinem Truck unterwegs, das Fahrerhaus ist mir Arbeitsplatz und Wohnzimmer zugleich. Da war es mir das einfach wert.“
Ansonsten rechnet Wolfgang bei Ausgaben gern mal nach: „Wisst ihr, was ein Kaffee an Raststationen mittlerweile kostet?“, fragt er und antwortet selbst. „Fast vier Euro! Wenn du unterwegs zwei oder drei Kaffee am Tag trinkst und das an fünf Tagen die Woche, da kommt ein hübsches Sümmchen zusammen.“ Seit Jahren schon hat er eine eigene Kaffeemaschine in seinem Fahrerhaus. Kürzlich hat die aber ihren Dienst verweigert. „Mich hat’s bei den Preisen fast auf den Hosenboden gesetzt“, sagt der Tiroler, der dann wieder auf die angenehmen Seiten des Fahrerlebens zu sprechen kommt.
Er erzählt von früheren Fernfahrten, die ihn bis Russland, Frankreich, Sardinien und Sizilien geführt haben. Erst neulich sei er für eine Eventfirma auf Mallorca gewesen. Nächste Woche kommen wohl wieder 2.000 bis 3.000 Kilometer dazu, wenn er sich schon Sonntagabend mit der heute vorgeladenen Fracht auf den Weg in Richtung Belgien machen wird. Dienstag am Morgen ist in der Nähe von Brüssel die Entladung geplant, anschließend soll er in Antwerpen Papier aufnehmen, das für den Raum Kempten in Bayern bestimmt ist. „Und dann schauen wir einmal, was meine Frau noch an Aufträgen reinbekommt“, sagt er. Möglicherweise wieder einmal eine Freiheitsstatue? „Unwahrscheinlich“, sagt Wolfgang und lächelt wieder. „Aber sag niemals nie.“